Kontaktsperre sinnvoll anpassen

Artikel der OGL im Mitteilungsblatt vom 16.04.2020

Die Kontaktsperre ist nun in ihrer dritten Woche. Die ökonomischen und kulturellen Folgen werden immer sichtbarer. Kleine Gewerbetreibende, Restaurants und Freiberufler müssen um ihre Existenz fürchten. Um so wichtiger ist es, dass die Regelungen immer wieder hinterfragt werden. Daher hat die OGL beschlossen, den folgenden Brief an verschiedene Vertreter aus Politik und Medien zu schicken.

 

„… zunächst einmal möchten wir unsere Anerkennung und unseren Dank für die schnelle Ausarbeitung der o.g. Verordnung , deren kontinuierliche Anpassung, Verwirklichung und Überwachung zum Schutz unserer Gesundheit aussprechen. Hier wird auf Landesseite und auf Kommunalebene Großes geleistet. Die laufende Anpassung der Verordnung ist der Eindämmung der rasanten Ausbreitung des neuartigen Virus geschuldet. Die Verordnung beschränkt allerdings unsere Grundrechte auf das Äußerste, muss jeweils wohlüberlegt und begründet sein, darf nur temporär gelten und auf keinen Fall statisch sein. Wir Bürger/innen nehmen die Regelungen und Einschränkungen, die unser aller Leben bis ins Mark treffen und oft eine Gefährdung unserer wirtschaftlichen Existenz darstellen, bislang in aller Regel klaglos und vorbildlich an.

 

Für die Erhaltung dieser Akzeptanz ist eine sinnvolle und gerechte Auslegung der Verordnung von essentieller Bedeutung. In allen Einrichtungen, die gemäß § 4 Absatz 3 der Verordnung von der Schließung ausgenommen sind, herrscht Hochbetrieb. Die Parkplätze vor den Discountern auf der grünen Wiese sind berstend voll. Die Menschen genießen das kollektive Einkaufserlebnis.

 

Wie können wir verstehen, dass in Baumärkten Grußkarten und Osterglocken und in Gartenbau-Betrieben Wein und Käse verkauft werden, der kleine, hochspezialisierte und tief sortierte Schreibwarenladen um die Ecke jedoch nur noch Zigaretten und Zeitschriften veräußern darf?

 

Der Blumenladen im Dorf darf weder im geschlossenen Raum noch im offenen, geräumigen Hof unter freiem Himmel seine Pflanzen verkaufen. Er bleibt geschlossen.

 

Die kleine Markthalle darf Obst und Gemüse anbieten, das Sortiment an Pflanzen und Blumen aber verrottet. Während Supermärkte Rekord-Umsätze einfahren, droht dem inhabergeführten Einzelhandel, der unser Ortsbild bunt, lebendig und liebenswert macht, der Tod.

 

Das Ziel der Verordnung ist die Kontaktreduzierung. Wenn im kleinen Laden ein Kunde einkauft und die anderen vor der Türe warten, dann ist diese Reduzierung sicher mehr gegeben als im Supermarkt oder Baumarkt, in dem sich ganz legal 80 Leute und mehr zur gleichen Zeit aufhalten dürfen.

 

Wir bitten daher inständig, die Auslegung und Anwendung der Rechtsverordnung zu überprüfen. Wir brauchen die Supermärkte, aber wir brauchen auch die kleinen Läden und in beiden brauchen wir ausreichende Sicherheit. Die Ausnahmeregelung sollte daher generell für den inhabergeführten Einzelhandel gelten und die insbes. in § 4 Absatz 3 Nr. 1 genannten Fallgruppen als Regelbeispiele verstanden werden können. Sinnvolle Regelungen wie „Abstand-Halten“, mengenbezogene Zutritts-Regelungen würden es ermöglichen, den kleinen Einzelhandel zu unterstützen, anstatt ihn aussterben zu lassen.“